Anti-Putin-Demo in Moskau
Opposition hofft auf Reformen
- Putin-Gegner demonstrieren in Moskau. Sie halten ein Schild hoch mit der Aufschrift "Nieder mit Putin": (picture alliance / dpa/Sergei Ilnitsky)
In der russischen Hauptstadt Moskau haben Zehntausende Menschen gegen Ministerpräsident Putin demonstriert. Sie forderten einen fairen Ablauf der Präsidentenwahlen im März. Laut Polizei hatten sich wenige Kilometer entfernt auch Putin-Anhänger formiert.
Bei Minustemperaturen demonstrierten nach Angaben der Opposition 120.000 Menschen gegen Wladimir Putin. Unter dem Motto "Für ehrliche Wahlen" wollten sie erreichen, dass Wladimir Putin bei Präsidentschaftswahl im März eine absolute Mehrheit verfehlt und in die Stichwahl gehen muss.
Polizei relativiert Zahl der Protstler
"Putin, hau ab" oder das Motto "Für ehrliche Wahlen" stand auf den Transparenten der Regierungsgegner. Ein ähnliches Plakat wurde bereits vor einigen Tagen an einem Warenhaus gegenüber dem Kreml angebracht. Nach einer Stunde hatte die Polizei das Plakat wieder entfernt.
Die Polizei und das Innenministerium relativierten die aktuellen Proteste und sprachen von nur 36.000 Menschen. Bei den Gegendemonstranten, die nur wenige Kilometer entfernt für Ministerpräsident Putin auf die Straße gingen, sind es nach ihren Angaben jedoch 140.000 Anhänger.
Für die Moskauer Medienwissenschaftlerin Galina Woronenkowa lebt in den gegenwärtigen Protesten die Demokratiebewegung der frühen 1990er-Jahre wieder auf. Wie damals sei es der Mittelstand, der heute auf die Straße gehe, sagte Woronenkowa im Interview mit dem Deutschlandfunk.[/url] Hinzu komme heute die erhebliche Bedeutung von sozialen Netzwerken wie Facebook.
Breites Bündnis gegen Putin
Dass eine neuerliche Wahl Putins zum Präsidenten verhindert werden kann, glaubt kaum jemand in der russischen Opposition. Aber bei einem zweiten Wahlgang, so das Kalkül der Putin-Gegner, müsste der ungeliebte Regierungschef für seine dritte Präsidenten-Amtszeit womöglich Reformen zugestehen.
Das Oppositionsbündnis "Für ehrliche Wahlen" hält sich nach Möglichkeit fern von der offiziellen Parteipolitik. Die Koalition ist nach den Dezemberwahlen zum Parlament entstanden, die nach Ansicht vieler Beobachter massiv gefälscht wurden. Hinter ihr stehen Liberale und Nationalisten, Schriftsteller und Internetaktivisten. Parteiredner sind auf der Kundgebung nur ungern gesehen.
"Lieber Kinder zeugen als demonstrieren"
Unterdessen lassen sich Offizielle originelle Argumente einfallen, um vor einer Teilnahme an der Oppositionskundgebung zu warnen. Der orthodoxe Patriarch Kyrill riet, lieber still zu beten als Parolen zu rufen; Vize-Regierungschef Rogosin vertrat die Ansicht, echte Patrioten sollten lieber russische Kinder zeugen als zu demonstrieren, und der Leiter der Moskauer Gesundheitsbehörde warnte vor Gesundheitsschäden wegen der herrschenden Kälte. Gleichzeitig haben die Behörden freilich verboten, dass die Demonstranten Thermoskannen mit Tee oder Kaffee mitbringen, um sich warmzuhalten. So müssen die Veranstalter auch noch die Versorgung mit warmen Getränken organisieren.