Besoldung ist "evident unzureichend"
Karlsruhe erklärt Gehaltsregeln für Professoren in Hessen für verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht fordert mehr Geld für die am schlechtesten bezahlten Professoren. Die Richter in Karlsruhe erklärten die hessische Regelung zur Bezahlung von Hochschullehrern für verfassungswidrig. Die Neuregelung verstoße gegen das Prinzip der angemessenen Bezahlung von Beamten, entschieden die Richter. Hessen will die Besoldung nun neu ordnen.
Nach dem Urteil erklärte Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU), die Regierung werde sorgfältig prüfen, wie unter strikter Beachtung der gesetzten Maßstäbe weiterhin eine leistungsbezogene Besoldung für Professoren gewährt werden könne. Es gehe darum, dass die hessischen Hochschulen "im Kampf um die klügsten Köpfe konkurrenzfähig bleiben".
Klage eines Chemieprofessors
Geklagt hatte ein Professor aus Marburg. Er war im Jahr 2005 eingestellt worden und sollte zu seinem Grundgehalt eine Leistungszulage von 23,72 Euro erhalten - was er angesichts seiner Aufgaben als zu wenig empfindet. Das Gericht gab ihm nun Recht: Das Grundgehalt in Hessen reiche nicht aus, um dem klagenden Professor "nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen". Die Bezahlung sei "evident unzureichend", heißt es zur Begründung. Das Gehalt eines Professors in der Besoldungsgruppe W2 entspreche etwa der Besoldung eines 40-jährigen Oberstudienrats.
Ob die Besoldung angemessen ist, muss nach Ansicht der Richter durch einen Vergleich ermittelt werden, und zwar zwischen den verschiedenen Besoldungsgruppen sowie mit vergleichbaren Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes. Die Richter sahen kein grundsätzliches Problem durch die Einführung von Leistungszulagen. Bei der Frage nach der angemessenen Alimentation seien diese Zulagen aber nur zu berücksichtigen, wenn die Kriterien hinreichend bestimmt seien.
Hochschulverband lobt das Urteil
Seit 2005 werden alle neu eingestellten Professoren nach Besoldungsgruppen bezahlt, die zum Teil deutlich unter den alten Sätzen liegen. Dafür haben die Hochschulen die Möglichkeit, nach Leistung zu honorieren. Die neue W-Besoldung ist im Gegensatz zur früheren C-Besoldung unabhängig vom Dienstalter des Professors. Die flexiblen Bestandteile wie Leistungszulagen sollten die deutsche Wissenschaft wettbewerbsfähiger machen. Der Deutsche Hochschulverband, der die Klage unterstützte, zeigte sich nun zufrieden mit dem Urteil aus Karlsruhe. "Das ist ein sehr guter Tag für die deutsche Wissenschaft", sagte Bernhard Kempen, Präsident des Verbandes.
Professoren auf der Richterbank "profitieren nicht"
Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts (AP)Da mehrere Richter in Karlsruhe Professoren sind, konnte es sich der Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle nicht verkneifen, klarzustellen, dass diese Richter finanziell nicht von dem Urteil profitieren: "Wegen mancher süffisanten Bemerkung in den Medien sei schließlich der Hinweis gestattet, dass die auf der Richterbank Anwesenden von der Entscheidung selbst nicht profitieren. Entweder sind sie Honorarprofessoren, oder sie unterliegen als sogenannte C-Professoren gerade nicht den Vorgaben der verfahrensgegenständlichen W-Besoldung."
Klagen auch gegen Richterbesoldung
Die Konsequenzen des Urteils könnten nicht nur für Hochschullehrer eine Rolle spielen. Denn es geht um das sogenannte Alimentationsprinzip, wonach Bund und Länder ihren Beamten einen angemessenen Lebensunterhalt zahlen müssen. Und dieses Prinzip gilt für alle Beamtengruppen. Klagen gegen die Verfassungsmäßigkeit der Richterbesoldung und der allgemeinen Beamtenbesoldung liegen Karlsruhe bereits zur Entscheidung vor.
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