Schäuble plädiert für Umschuldung Griechenlands
Koalitionsfraktionen ringen um gemeinsame Haltung
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat für neue Finanzhilfen an Griechenland unter Beteiligung der privaten Gläubiger geworben. "Ohne eine weitere Auszahlung von Mitteln vor Mitte Juli sehen wir uns der realen Gefahr einer ersten ungeordneten Zahlungsunfähigkeit in der Eurozone gegenüber", schrieb der CDU- Politiker in einem Brief an seine Kollegen in der Eurozone, den Internationalen Währungsfonds und die Europäische Zentralbank.
Hintergrund ist die offene Tranche aus dem laufenden Hilfspaket. Schäuble räumte ein, dass das bisherige Konzept zur Rettung Griechenlands vor dem drohenden Bankrott gescheitert sei. "Eine Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt im Jahr 2012, wie im laufenden Programm geplant, scheint mehr als unrealistisch." Das aber bedeute, dass das jetzige Programm nicht ausreiche.
Grünen-Finanzexperte für Engagement privater Gläubiger
Schäuble plädierte bei den Partnern dafür, bis zum 20. Juni Griechenland und dem IWF ein klares Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Anleihentausch zu erteilen, das faktisch dem Land einen Zahlungsaufschub ermöglichen würde. Dieser Prozess müsse zu einem "quantifizierbaren und substanziellen Beitrag der Anleihen-Halter" führen. Schäuble machte zugleich deutlich, dass er bei der Einbeziehung privater Gläubiger in die Lösung der griechischen Schuldenkrise mit Diskussionen rechne.Wie geht es weiter in Griechenland? (picture alliance / dpa)Auch Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, hält ein verstärktes Engagement von privaten Gläubigern in der Griechenland-Krise für wichtig. Die Schuldenlast sei so hoch, dass es kaum eine Perspektive ohne Umschuldung gebe, sagte Schick im Deutschlandradio Kultur.
Kanzlerin Merkel für Schäubles Vorstoß
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt Schäubles Werben für neue Finanzhilfen an Griechenland unter Beteiligung der privaten Gläubiger. Sie tausche sich regelmäßig mit Schäuble über wichtige Themen wie Griechenland aus, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans. Er habe den Eindruck, dass Merkel auch im Kern der Brief bekannt gewesen sei.
Die offizielle Haltung der Bundesregierung werde allerdings erst formuliert, wenn der Prüfbericht von IWF, EZB und EU-Kommission zum Stand der Reformen in Griechenland vorliege. Der Bericht der sogenannten Troika soll noch im Laufe des Mittwochs veröffentlicht werden und anschließend von Schäuble in den Koalitionsfraktionen erörtert werden.
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