Felicitas BoeselagerMein Start als Landeskorrespondentin in NRW

Felicitas Boeselager blickt als Landeskorrespondentin in NRW auf die Geschichten der Menschen vor Ort und die Zukunft des Bundeslandes.

Eine junge Frau steht am Rhein in Düsseldorf.
Felicitas Boeselager in Düsseldorf. (Felicitas Boeselager)
Verlassene Wohnhäuser, eine Straße, die ins Nichts führt, und der Blick auf die Abbruchkante im rheinischen Revier. Die Atmosphäre des Dorfes, das (noch?) nicht für die Braunkohle weichen musste, erinnert an eine Kulisse irgendwo zwischen Western und Geisterfilm. Nur vor einem Hof ist an diesem Tag viel los, hier tummeln sich draußen unter Einhaltung der Abstandsregeln Journalistinnen und Aktivisten. Alle interessieren sich für den letzten Bewohner von Lützerath, den Mann, der sich bis zum Schluss dagegen wehrt, seinen Hof zu verlassen.

75 Jahrfeier: Rück- und Ausblick

Es ist mein erster Einsatz als Landeskorrespondentin in Nordrhein-Westfalen und ich denke mir, dass das ziemlich gut passt: Der Wandel im rheinischen Revier, die Zukunft der Menschen, die rund um den Tagebau leben, Klimaschutz – das sind mit Sicherheit Themen, die meine Zeit hier prägen werden. Ich frage mich auch, wie und ob sich die Identität des Bundeslandes wandelt. Zum ersten Mal wächst im Ruhrgebiet eine Generation heran, die nicht unter Tage arbeitet, dabei ist der Bergbau so tief in die DNA dieser Region eingeschrieben. NRW wird dieses Jahr 75 Jahre alt, Grund genug, in der Geschichte des Landes zu graben und mit klugen Menschen über seine Zukunft zu sprechen.
STECKBRIEF
Name: Felicitas Boeselager
Position: Landeskorrespondentin Nordrhein-Westfalen
Lieblingssendung: 
Im Gespräch Mo. – Sa., 9.05 Uhr,
Klassik-Pop-et cetera Sa., 10.05 Uhr
Einhundert So., 16.00 Uhr

Wer positioniert sich wie?

Eine Woche nach meinem Start wird NRW-Ministerpräsident Armin Laschet Kanzlerkandidat der Union. „Da haben Sie sich aber eine spannende Zeit für Ihren Wechsel ausgewählt“, schreibt mir ein Pressesprecher. Recht hat er! Laschet wird NRW sehr wahrscheinlich verlassen. Zu beobachten und zu berichten, wer sich jetzt wie positioniert, wie die Entscheidungsprozesse ablaufen, darauf freue ich mich! Außerdem stecken wir immer noch in einer Pandemie. Das prägt die Themenauswahl und hat unsere Arbeit als Journalistinnen und Journalisten verändert. Für meinen Start als Korrespondentin heißt es, dass es etwas länger dauern wird, bis ich mir ein Netzwerk aufgebaut habe. Es gibt kaum Pressetermine, bei denen man sich vor oder nach dem offiziellen Teil kurz mit Kollegen oder Pressesprecherinnen austauschen kann. Die meisten Termine besuche ich digital. – Die Pandemie führt uns die soziale Ungleichheit in einer Schärfe vor Augen wie selten zuvor. In meiner zweiten Woche in NRW hat beispielsweise Köln-Chorweiler, ein Stadtteil mit hoher Inzidenz, bundesweit durch eine Impfaktion vor Ort Schlagzeilen gemacht. „Jetzt schaut ihr alle hierhin, fotografiert und filmt uns, wir sind auf dem Präsentierteller und morgen seid ihr wieder weg“, hat mir eine Frau in Chorweiler gesagt. Ich will es mir zu Herzen nehmen. – Es gibt also viel zu entdecken in meinem neuen Berichtsgebiet. Das Einzige, was mich als Rheinländerin – und ehemalige Kinderkarnevalsprinzessin – eindeutig verstimmt, ist, dass ich an Karneval arbeiten muss.
Felicitas Boeselager, 
Landeskorrespondentin Nordrhein-Westfalen
Aus dem Magazin, Ausgabe Juli 2021