ArchivschätzeStimmen und Bilder aus der Geschichte des Radios

Schwarz-Weiß-Aufnahme von zwei Männern im Anzug auf einer Bühne hinter einem RIAS-Mikrofon
Fast auf Augenhöhe – Zwei Legenden unter sich: Hans Rosenthal und Curd Jürgens (Deutschlandradio/Karl-Heinz Schubert)
Zum Jubiläumsjahr „100 Jahre Radio“ möchten wir Ihnen ein besonderes Projekt präsentieren. In dieser Gemeinschaftsarbeit von Redaktion und Archiv können Sie historische Fotos sehen und die dazugehörigen Tondokumente anhören. Die besondere Herausforderung für einen Radiosender in der Arbeit mit den Bildern liegt darin, dass im Radio verständlicherweise Bilder in der Vergangenheit nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Umso mehr freuen wir uns, Ihnen einen Einblick in unsere Funde geben zu können. Wir wünschen Ihnen viel Freude bei unserer Auswahl, die Menschen mit einer besonderen Beziehung zum RIAS zeigt.

Am laufenden Band – Die Pioniere des Rundfunks
Die Arbeit am laufenden Band – der populäre RIASReporter Klaus Jaecks schneidet sein aufgenommenes Material im Jahr 1958 noch an der Bandmaschine, nicht wie seine Nachfolgerinnen und Nachfolger heute digital. So hat er auch das Material bearbeitet, das er von seinem Interview mit dem ersten Rundfunk- Nachrichtensprecher Walter Krutsche mithilfe des Magnetofonbands aufgezeichnet und ins Funkhaus zurückgebracht hat. Und das Sie hier hören können. Das heißt, Versprecher der Interviewten werden händisch aus dem Band herausgeschnitten, ein nicht immer einfacher Job. Und wohl auch nicht nötig bei Walter Krutsche, dem eloquenten Radiomann der ersten Stunde, der – ganz Profi – Live-Sendungen den Aufzeichnungen wegen ihrer Unmittelbarkeit deutlich vorzieht, wie er sagt.

Weihnachten 1960 – Buntes Programm im Palast
Mit weißen Röckchen, langen Zöpfen sowie nicht zu vergessen ein paar langen Nasen zur Feier des ersten Weihnachtsfeiertages des Jahres 1960 warten die Kinder auf ihren Auftritt. Der RIAS überträgt live aus dem Berliner Sportpalast – dort findet ein bunter Weihnachtsnachmittag nur für Kinder und mit musikalischer Begleitung statt. Es werden Witze erzählt und der Berliner Radio Kinderchor singt professionell wie die Erwachsenen. Und er wird euphorisch belohnt mit viel Beifall nach Interpretationen von Weihnachtsliedern wie „Süßer die Glocken nie klingen“. Showmaster Hans Rosenthal darf ausnahmsweise auch mit hinein in den Palast.

Gratulation zum 80. – „Immer noch sehr frisch“
Zu Konrad Adenauers 80. Geburtstag gratuliert im Jahr 1956 auch der politische Gegner, in diesem Fall der SPD-Politiker Egon Bahr, den wir hier an seinem Schreibtisch sitzen sehen. An dem er vielleicht auch die freundlichen Worte an den Mann notiert hat, der von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland war. Ein Politiker, der nachdenke, aber nicht grübele, so der Sozialdemokrat. Der abwarte, aber nicht zögere. Des Kanzlers geistige und körperliche Frische zum Start ins 81. Lebensjahr sei – zum allgemeinen Bedauern der Opposition, so Bahr mit einem Augenzwinkern – bewundernswert. „Adenauer ist“, so schließt er seine überparteilichen Glückwünsche, „einer der wenigen Staatsmänner, die in der ganzen Welt ein Begriff sind.“ Und es bleibe ja noch so viel zu tun.


Gute Stimmung beim Filmball – Die Prominenz amüsiert sich
Berlin, Juli 1965, 23.00 Uhr. Zwei Stunden RIAS live mit kabellosem Mikrofon: Das Moderationsduo Lea Rosh und Erich Nieswandt meldet sich in launiger Stimmung vom Filmball aus dem Palais am Funkturm. Die italienische Filmdiva Gina Lollobrigida flüstert exklusiv ins RIAS-Mikro, sie sei glücklich hier. Dazu trägt sicherlich bei, dass sie um Mitternacht auf der Bühne Geburtstag feiert. Den wievielten? Geheimsache. Noch kurz mit Stewart Granger und Lex Barker geplaudert und schon packt die RIAS-Crew Mikro und Technik ein, klinkt sich aus der Live-Übertragung aus und verlässt pünktlich um 1.00 Uhr den Filmball. Für Lea Rosh und Erich Nieswandt allerdings beginnt der Abend erst jetzt: mit Spaß und ohne Arbeit.

Leben aus dem Koffer – Als Radio noch anstrengend war
Grenzerfahrungen konnten in den 50er-Jahren all diejenigen machen, die die schweren Gerätschaften, die damals noch fürs „Radiosenden“ notwendig waren, transportieren und halten mussten, Toningenieure und Techniker zum Beispiel. Aber auch die Bauarbeiter, die in dieser Zeit die U-Bahn-Linie Seestraße/Tegel erbauen, sind hörbar gefordert: Ist doch ganz Berlin auf Schwemmsand gebaut – nicht der ideale Untergrund für ein so tief gehendes Bauwerk wie eine U-Bahn. Umso größer die Freude und Erleichterung, als es im Jahr 1956, fast pünktlich, vollbracht ist. Für Berliner Bauprojekte schon damals keine Selbstverständlichkeit.

„Sie sind ja wie wir alle“ – Hans Rosenthal trifft Curd Jürgens
„Es ist immer ein etwas merkwürdiges Gefühl, einem ganz großen Tier der Leinwand zum ersten Mal persönlich gegenüberzustehen“, so leitet der RIASModerator 1960 eine Begegnung der besonderen Art ein. Hans Rosenthal hat Curd Jürgens zum Gespräch geladen. Der spätere Hauptdarsteller von „Des Teufels General“ ging in Berlin zur Schule, machte dort auch Abitur. Seinen ersten Film, den „Königswalzer“, habe er 1935 in Babelsberg in den Ufa-Ateliers gedreht, sagt er nicht ohne Stolz. Mittlerweile ist Jürgens in seiner Arbeit international aufgestellt: Besonders gern spiele er in Frankreich, weil man dort erst um 12 Uhr mittags damit anfange, so Jürgens. Langfristiges Ziel sei es, wieder in seine alte Heimat, das Wiener Burgtheater, zurückzukehren.