Maria GnannInspiration Musik oder: Neugier lohnt sich

Portrait einer jungen Frau mit halblangem, dunkelblondem Haar, die lächelnd in die Kamera blickt
Maria Gnann (Anna Jaissle)
STECKBRIEF
Name:
Marian Gnann, Köln
Position: Freie Musikjournalistin und Musikredakteurin, Deutschlandfunk
Lieblingssendungen / Lieblingspodcasts:
  • @mediasres
Mo. – Fr., 15.35 Uhr
  • Eine Stunde History
Mo., 22.00 Uhr, und als Podcast
  • Freistil
So., 20.05 Uhr
  • Sport am Samstag
Sa., 19.10 Uhr
Meine Kolleginnen und Freunde wissen: Ich rede gern, viel und schnell. Aber ebenso leidenschaftlich höre ich zu oder löchere mein Gegenüber mit Fragen. Dass ich für meine Neugier jetzt auch noch bezahlt werde, erscheint mir da wie unverschämtes Glück.

Am liebsten: Fragen stellen

Für den Deutschlandfunk suche und entwickle ich Themen, zum Beispiel für die Sendung „Musikszene“. Ich frage im „Konzertdokument der Woche“ Dirigenten wie Paavo Järvi, wie sich russische Musik in Zeiten des Krieges gegen die Ukraine anfühlt. Und einen großen Teil meiner Arbeitszeit widme ich der Frage an Prominente, welche Musik sie auf die einsame Insel mitnehmen würden – in der Sendung „Klassik-Pop-et cetera“. Dafür koordiniere ich Aufnahmeleiter*innen, die für das Format Entertainer wie Hape Kerkeling im Hotelzimmer aufzeichnen – mit Bluetoothbox zum Musikabspielen – oder nach Dornbirn ins ORF-Studio fahren, um der Schriftstellerin Monika Helfer beratend zur Seite zu stehen. Ich fahnde nach ausgefallenen Aufnahmen, übernehme den Faktencheck und stelle mich mitunter der brisanten Frage, ob wir jeden Musikwunsch der Gäste erfüllen können. Das heißt konkret: ob wir als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt derzeit Rammstein-Songs senden dürfen (wir haben uns für Ja entschieden) oder die sowjetische Hymne, deren Melodie identisch mit der heutigen von Russland ist (das ergab ein Nein). – Ich bin ein Radiomensch. Wer hätte das gedacht? Ich sicher nicht! Lange wollte ich Musikerin werden, Blockflötistin, um genau zu sein, aber dann habe ich gemerkt, dass mich das Zuhören noch mehr inspiriert als das Spielen. So bin ich über mein Musikjournalismus-Studium in Dortmund zum Deutschlandfunk gekommen.

Meinungsbildung fördern

Als ich vor sieben Jahren anfing, hier zu arbeiten, bin ich vor Ehrfurcht fast erstarrt. Wusste ich denn überhaupt genug Bescheid? Irgendwann habe ich begriffen: Meine Aufgabe ist es nicht, zu allem eine Meinung zu haben, ich soll unser Publikum in die Lage versetzen, sich eine eigene Meinung bilden zu können. Und um das zu tun, kann ich mich neben meinem Wissen auch auf mein Ohr verlassen, nicht nur bei der Fragerei. – Ich bin ein Musikmensch. Nichts kann für mich Vergangenheit spürbarer machen als Musik. Genauso stark empfinde ich darin den Widerhall menschlicher Ängste und Gefühle der Gegenwart, aber auch Hoffnungen für die Zukunft. Aus Musik spricht oft eine kräftige Portion Idealismus, finde ich. Das gibt mir Auftrieb in politischen wie privaten Krisenmomenten. Dass ich über meine Arbeit so vielen neuen Stimmen und Klängen begegne, ist vielleicht sogar das Schönste daran.