Podcast-SerieThe Cure. Heilung aus dem Grab

Oder: Wie bekämpfen wir multiresistente Keime?

Illustration/Bildcollage: Ein Mann steht auf einem Friedhof vor einer kleinen Kirche
Der Mikrobiologe Gerry Quinn: Genie oder Hochstapler? Hier am Grab des Priesters James McGirr im nordirischen Boho (Bildcollage) (Fabian Federl/Grafik: Deutschlandradio)
Man nehme eine Löffelspitze Graberde, bete das Vaterunser, ein Ave-Maria, ein Ehre sei dem Vater und ein Apostolisches Glaubensbekenntnis, dann ein Gebet für Pfarrer McGirr und eines für sich selbst. Man bewahre die Erde sicher auf, bete dreimal täglich für drei Tage. Am vierten Tag bringe man die Erde zurück. Sonst drohe ein Fluch.
In Boho, einem Dorf in Nordirland, gibt es eine Legende. Von 1803 bis 1815 hat hier ein Priester gewirkt, der zu Lebzeiten Wunderheilungen durchführte und dessen Grab heute noch immer Pilger und Kranke anlockt. Denn die Erde aus seinem Grab soll heilen. Die Legende hat jedoch nicht nur Gläubige angelockt, sondern auch das Interesse der Forschung geweckt. Der Mikrobiologe Gerry Quinn ist überzeugt davon, dass die in der Erde enthaltenen Organismen die Antwort auf eine der drängendsten Fragen der modernen Medizin geben könnten: Wie bekämpfen wir multiresistente Keime?
Protagonist und roter Faden der siebenteiligen Podcast-Serie „The Cure. Heilung aus dem Grab“ ist Gerry Quinn. Skurril und eigenbrötlerisch und von der Idee besessen zu beweisen, dass der alte Heilstoff Streptomycin (1943 entdeckt) für viele Wunderheilungen verantwortlich ist und uns heute helfen kann, die weltweit verbreiteten Resistenzen gegen Antibiotika zu überwinden.

Nach meinem Tode soll die Erde, die mich bedeckt, alles heilen, was ich zu heilen vermochte, als ich unter euch weilte.

Laut Erzählungen der Dorfbewohner waren dies die letzten Worte von James McGirr, bevor er am 17. November 1815 im Alter von 70 Jahren starb.

Gerry Quinn taucht mal als Genie, mal als Hochstapler auf. Wer ist dieser Mann wirklich? Diese Frage begleitet uns durch die Serie, hält die Spannung. Dass seine Ergebnisse in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert werden, spricht für die Seriosität seines Anliegens. Seine Mentoren sind weltweit angesehene Antibiotika-Forscher. Warum arbeitet aber einer, den seine Forschung auf diesem Gebiet relativ bekannt gemacht hat, tagsüber in einer Fabrik und forscht nachts? Und wieso ist er so fixiert auf die Erde aus dem Grab? Quinn hat natürlich eine Theorie, bei der sich Legende und Medizin überlappen. Und die beiden Autoren des Podcasts, der Journalist Fabian Federl und der Produzent Yannic Hannebohn, wollen wissen: Was halten seine Mentoren davon, was große Pharmakonzerne? Ist Gerry Quinn ein „Rufer in der Wüste“, vielleicht am Ende ein zweiter Alexander Fleming? Dem Entdecker des Penicillins hatte neun Jahre niemand zugehört, obwohl er eine der wichtigsten Entdeckungen der Medizin gemacht hatte.
Die Autoren treffen Quinn in seinem Labor, besuchen mit ihm das Grab von Father McGirr, nehmen Proben hier und an einer zweiten „Heiligen Quelle“ und untersuchen beide. Fahren ins Zentrum der europäischen Pharmaindustrie, um der Frage nachzugehen, warum so viele Unternehmen aus der Antibiotika-Forschung ausgestiegen sind, obwohl zur selben Zeit immer mehr Patientinnen und Patienten beim Kampf gegen multiresistente Keime um ihr Leben fürchten müssen.
Und wir lernen Benjamin Kunath kennen. Er infiziert sich im Krankenhaus mit multiresistenten Keimen und eine Odyssee beginnt, die ihn zu Dutzenden Ärzten führt bis in eine Spezialklinik in Georgien. Auch dahin folgt ihm das Autorenteam. Kunaths Fall ist einer von vielen. Laut WHO sterben jedes Jahr etwa 700.000 Menschen an Infektionen mit multiresistenten Keimen. Und ausgerechnet Bakterien aus dem Grab eines Wunderheilers sollen die Rettung sein? Kaum zu glauben. Der Podcast „The Cure. Heilung aus dem Grab“ will es wissen.
Fabian Federl und Yannic Hannebohn sind für diesen Podcast quer durch Europa geflogen und mit dem Auto ans andere Ende von Irland gefahren. Haben mit renommierten Wissenschaftlerinnen, Historikern, Forscherinnen, Patienten und Pub-Besitzern gesprochen. Ihre Geschichte ist lehrreich, spannend, mitunter skurril und angesichts der Gefahren der „stillen Pandemie“, die uns allen womöglich durch multiresistente Keime drohen, von großer Relevanz.
The Cure - Heilung aus dem Grab: siebenteilige Podcast-Serie bei Deutschlandfunk Kultur
Ab Mo., 5.9., 8.35 Uhr Studio 9 – Kurzversion von „The Cure. Heilung aus dem Grab“

Die siebenteilige Podcast-Serie ist eine Co-Produktion von Deutschlandfunk Kultur und Pola.Berlin. Sie erscheint exklusiv in der Dlf Audiothek am 29.8. und ab dem 5.9. überall dort, wo es Podcasts gibt.

Hören Sie den Trailer der Podcast-Reihe hier.