Call me GüntherWenn die Falle zuschnappt

Deutschlandfunk-Podcast-Serie: Call me Günther – Die Geschichte einer Telefonfreundschaft und der milliardenschweren Betrugsmasche dahinter.

Grafik Hand mit brennendem Geldschein
Im Juni 2021 hören Franziska Tschinderle und Ilir Tsouko zum ersten Mal von einer unglaublichen Geschichte: Callcenter in Osteuropa zocken ahnungslose Anlegerinnen und Anleger in Westeuropa ab, indem sie ihnen Finanzprodukte verkaufen, die es überhaupt nicht gibt. Es geht um Milliarden, die jedes Jahr verschwinden, und um Kriminelle, die eine regelrechte Betrugsindustrie aufgebaut haben.
Bei Günther Weber (Name von der Redaktion geändert) lief eigentlich alles rund: Er hat eine Familie gegründet, eine mittelständische Firma geleitet, ein Vermögen aufgebaut. Aber kurz bevor er in Rente geht, bricht all das zusammen. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, sein Geld gewinnbringend zu investieren, stößt er im Internet auf eine Trading-Plattform namens FXC Markets. Sie verspricht den leichten Einstieg in die Investmentwelt für jedermann und hohe Gewinne. Dabei helfen soll ein persönlicher Berater, ein sogenannter Broker. Schnell fasst Herr Weber Vertrauen zu seinem Anlageberater Herrn Nowak, mit dem er bald täglich telefoniert. Und mit dem er sich den gleichen Vornamen teilt: Günther. Günther Nowak hilft Günther Weber beim Anlegen seines Geldes: Forex-Wetten, Aktien, Bitcoins – Herr Nowak behält den Überblick und Herr Weber kann es kaum fassen, wie schnell sich sein Geld im digitalen Depot vermehrt. Nach einem guten halben Jahr hat Herr Weber über eine Million Euro investiert und sein angeblicher Gewinn beläuft sich auf drei Millionen Euro!
Aber dann folgt das böse Erwachen: Als Herr Weber seine Gewinne ausgezahlt bekommen will, ist Günther Nowak plötzlich spurlos verschwunden und mit ihm das gesamte Vermögen. Herr Weber beginnt mit Nachforschungen, nimmt sich einen Anwalt, erstattet Anzeige. Aber das Geld ist weg. Dafür sitzt er auf einem Schuldenberg und schämt sich dafür, so blauäugig gewesen zu sein. Bis heute fragt er sich: Wie konnte das passieren?

„Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder man bringt sich um oder man lebt weiter.“

Also macht sich das Reporterteam Franziska Tschinderle und Ilir Tsouko auf die Suche nach Herrn Webers Geld. Die Recherche zeigt: Günther Weber ist einer von Tausenden, die auf den immer gleichen Betrug hereinfallen. Die Masche nennt sich „Cybertrading“. Den Behörden ist das Phänomen erst seit wenigen Jahren bekannt und der Kampf dagegen ist äußerst schwierig: Sobald eine betrügerische Bande dingfest gemacht wurde, eine Investment-Website eingestellt wurde, ploppen an anderer Stelle wieder neue Fake-Plattformen auf. Staatsanwaltschaften, Polizei und Anwälte gehen davon aus, dass es sich beim Cybertrading um eine der größten Betrugsmaschen in der Geschichte des Internets handelt. Denn die Callcenter sind nur eine Säule dieser kriminellen Branche. Auch das Marketing, die Programmierung der Webseiten und die Geldwäsche werden von professionellen Strukturen abgewickelt. Und das unter den Augen der Öffentlichkeit, wie im Fall des Callcenters, von dem aus Herr Weber kontaktiert wurde. Das hatte seinen Sitz im Kosovo und agierte dort wie eine legale Firma mit über hundert Angestellten.
Franziska Tschinderle und Ilir Tsouko, beide wohnhaft in Albanien und damit nahe am Ort des Geschehens, haben über ein Jahr lang recherchiert. Sie haben mit Opfern und Ermittelnden gesprochen, sind den Tätern ganz nah gekommen und haben Maschen, Mechanismen und Netzwerke hinter dem Betrug aufgedeckt.
Titelbild Call me Günther
Call me Günther - Titelbild (Deutschlandradio / Grafikdesk)
Mikrokosmos
Call me Günther
Podcast-Serie in fünf Folgen

Donnerstags, 20.30 Uhr, Folge 1– 5
1.6. Ein verhängnisvoller Anruf
8.6. Nichts ist, wie es scheint
15.6. Die vier Säulen
22.6. Ein Gangster mit Ambitionen
29.6. Wie Hydra

Ab 1.6. steht der Podcast online zur Verfügung – in der Dlf Audiothek, im Podcastfeed „Dlf Doku Serien“ und überall dort, wo es Podcasts gibt.